Nicht vergessen: RECHTS DES RHEINS IST AUCH NOCH MAINZ!!
Don't forget: The right-hand side of the Rhine is still Mainz!!

Warum bezeichnen wir Gustavsburger uns heute noch als "Mainzer"?
Why do we Gustavsburger still consider ourselves "Mainzer" today?


Titelblatt einer Broschüre aus den fünfziger Jahren.Grafik-und Textquelle: Geheimnisvolles Hessen, Gerd Bauer, Hitzeroth, Marburg 1992, s. 202-204.

Gerd Bauer hat alles genaustens und kristalklar zu Papier gebracht:

"Mainzer Stadtteile auf hessischem Boden wären keine Besonderheit, hätte man die Kernstadt nicht Ende der vierziger Jahre aus Hessen "ausgebürgert", um sie zur Hauptstadt des neugeschaffenen Landes Rheinland-Pfalz zu küren. Ihre rechtsrheinischen Stadtteile bleiben aber in Hessen, und seither schwelt der Streit um die verlorenen Gebiete. Für die abgetrennten Stadtteile Ginsheim, Gustavsburg und Bischofsheim entschärfte sich das Problem: Sie wurden wieder selbstständig.

Nur die Stationsschilder ihrer Bahnhöfe erinnern noch heute nostalgisch an die Zugehörigkeit zu Mainz. Anders lief die Sache mit den sogenannten AKK-Vororten Amöneburg, Kastel und Kostheim. Die zuständige amerikanische Militärkommandantur verfügte die Verwaltung dieser "verwaisten" 18.000 Mainzer durch Wiesbaden. Die Wiesbadener betrachten diese Stadtteile mittlerweile als die ihren, gestehen aber AKK ein eigenes Haushaltsrecht zu. Nach wie vor kommen Wasser, Gas und Strom von der linken Rheinseite, bedienen Mainzer Stadtbusse Kastel und Kostheim,..." sowie Gustavsburg, Bischofsheim und Ginsheim "...und nach wie vor gibt es dort einen verbreiteten Drang zur 'Wiedervereinigung' mit Mainz. Doch dazu müßte Hessen Gebiet abtreten.



Gesetzlich möglich sind bislang nur Rück- oder Angliederungen von Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern. AKK ist dafür zu groß. Eine Gesetzesinitiative zur Erweiterung dieser Möglichkeit auf größere Orte kam Anfang 1986 ins Stocken, nachdem Signale aus dem Bundesrat eine Blockierung durch die SPD-Länder absehbar machten. Und deshalb schwelt er noch heute, der AKK-Konflikt. Periodisch, wie ein Geisir, zischt er immer mal wieder durch die Regionalpolitik.

Neben Ärger und nachbarstädtischer Verstimmung hat er aber auch Kreatives gezeitigt: beispielweise den 'Stadtkreis', ein ansonsten unbekanntes Kommunalobjekt, das eigens erfunden wurde, um auf den Ortsschildern der umstrittenen Vororte die Zuständigkeit Wiesbadens kund zu tun:
'Mainz-Kastel' heißt es da, Unterzeile: 'Stadtkreis Wiesbaden'. Und so ist es denn ein weiteres Mal die schöpferische Phantasie seiner Politiker, die Hessen so geheimnisvoll macht.

 ...oder so...

Die Teilung von Mainz und Berlin wurde in den fünfziger Jahren als gemeinsames Schicksal beklagt, als Besatzungunrecht, das es zu beseitigen gelte. Ein Vergleich, den die Kommunalpolitiker links und rechts des Rheins immer wieder zogen. In einer Karnevalskampagne erweiterte der singende Dachdecker Ernst Neger damals sein berühmtes 'Heile Gänsje' um eine neue Strophe:

'wenn ich mir so mo Määnz betracht,
dann denk ich in moim Sinn:
merr hotts mit Määnz genau gemacht,
wie mit der Stadt Berlin.
Merr hotts zerstört, hotts zweigeteilt
--unn trotzdem hab ich Mut,
zu glawwe, daß dess alles heilt,
aach dess werd widder gut'.

Erst nach dem Mauerbau (Berlin) 1961, als die qualitativen Unterschiede beider 'Teilungen' unübersehbar wurden, geriet der Vergleich aus der Mode. Nur in gefühlsbetonten Leserbriefen feiert er auch heute noch fröhliche Urständ."

Abbildung oben: Ein Denkmal gestiftet von dem Karneval Club Kastel 1947 e.V.
Inschrift: Rechts des Rheins ist auch noch Mainz. Es steht "uff de linke Seit".